SDS
Der SDS ist eine hochschulpolitische Gruppe an der Universität Bremen.
SDS – Wer & Warum?
Wer?
Der SDS wurde 2008 an der Universität Bremen gegründet. Das Kürzel "SDS" steht für Sozialistisch-Demokratischer Studierendenverband. Als solcher sind wir Teil des bundesweit agierenden Studierendenverbandes Die Linke.SDS, der auf bundespolitischer Ebene mit der Partei DIE LINKE zusammenarbeitet. An den Hochschulen selbst handeln wir unabhängig. Dem Namen entsprechend streben wir innerhalb der Hochschulpolitik nach sozialistischen Alternativen. Dabei geht es uns um stabile Gegenkonzepte zum gegenwärtigen Bildungssystem. Wir sprechen uns gegen die Rüstungsforschung an der Uni Bremen und gegen die Ökonomisierung der Bildung aus. Außerdem verstehen wir uns als eindeutig basisdemokratischer Verband. Das heißt, dass wir sowohl innerhalb unserer eigenen Strukturen, als auch innerhalb des hochschulpolitischen Lebens Entscheidungen demokratisch treffen und jede einzelne Person einbeziehen wollen. Im Unterschied zu unserem historischen Vorbild, sprechen wir heute vom Studierendenverband, um die Bedeutung der geschlechtlich-emanzipatorischen und die Gleichberechtigung fordernden Kräfte zu betonen.
Warum und was läuft schief?
Einiges. Zum Beispiel hält sich die Universität Bremen nicht an die bestehende Zivilklausel, indem sie für die Rüstungsindustrie forscht. Die Uni tut dies in Zusammenarbeit mit dem sich auf dem Campus-Gelände befindenden OHB-Konzern, der übrigens auch eine Professur sponsert. Ein großes Problem besteht weiterhin in der finanziellen Situation der Uni Bremen. Das können wir nicht nur an renovierungsbedürftigen Räumen oder mangelnder technischer Ausstattung sehen, sondern auch konkret in der Verwaltung und der Lehre. Weniger Verwaltungspersonal führt zu (noch) längeren Schlangen im Prüfungsamt, weniger Dozierende führen zu einer geringeren Auswahl an Seminaren. Die momentane finanzielle Situation der Universtiät steht im Kontext eines neoliberalen Umbaus der Gesellschaft, der sich zum Beispiel in der Schuldenbremse äußert. Die Proteste im diesem Jahr gegen die Kürzungen waren wichtig, aber es ist offensichtlich, dass wir Studierende für gute Studienbedingungen weiter kämpfen müssen.
Der SDS und die SR-Wahl 2022
Wir treten auch 2022 wieder zur SR-Wahl an. Wir tun dies, weil wir etwas zu sagen haben, weil wir mitgestalten möchten und weil wir als Studierende Verantwortung übernehmen wollen für eine Universität, die studentisches Engagement nötiger hat denn je.
Was wollen wir konkret erreichen?
Viele Listen versprechen gerne das Blaue vom Himmel, wenn es um Wahlkampf geht. Wir sehen das pragmatischer und sagen: Viel wird sich nicht ändern, wenn wir wieder in den AStA einziehen. Wir führen dann die Projekte weiter, sei es im Bereich Klima bei den Students for Future, in verschiedenen Gremien, in den AStA-Referaten Klimapolitik und Vernetzung, in den einzelnen Initiativen, bei den aktuellen Protesten und Soli-Aktionen in der Stadt. Größere Veränderungen gibt es nicht durch die jährlichen Wahlen zum Studierendenrat, sondern durch die Organisierung der Betroffenen!
Hier sind unsere Wahlkampfthemen dieses Jahr:
Wiederholungsfristen abschaffen!
Selbstbestimmt studieren heißt für uns, auch selbst zu entscheiden, wann wir an einer Prüfung teilnehmen - und wann nicht. Bisher wird man fünf Semestern nach einer Prüfungsanmeldung einfach zwangsexmatrikuliert. Wir wollen das ändern. Die Uni sollte die selbstbestimmten und mündigen Student*innen voraussetzen, die sie erst noch bilden will. Deshalb weg mit der technischen Zwangsexmatrikulation! Gute Erfahrungen aus Bielefeld oder Bamberg zeigen, dass eine Abschaffung der Wiederholungsfrist ohne Probleme möglich ist!
Klimagerechtigkeit und -neutralität jetzt!
Hast du Lust auf eine lebenswerte Zukunft? Wir auch! Deshalb setzten wir uns für Nachhaltigkeit, Klimagerechtigkeit und Klimaneutralität an der Uni an. Bisher stellen wir das Referat für Klimapolitik im AStA, mit dem wir zahlreiche Erfolge erzielt haben. Nicht zuletzt haben wir gemeinsam mit Students For Future Bremen die designierte Rektorin dazu bewegt, "Klimawandel und Nachhaltigkeit" zum Leitthema an der Uni zu machen. Aber unsere Bemühungen gehen weiter: eine Nachhaltigkeits- und Klimaneutralitätsstrategie, neue Studiengänge und neue Professuren (z.B. für Informatik&Gesellschaft, Nachhaltigkeit und Medien oder Politische Ökologie), dafür werden wir uns weiter einsetzen!
Viertelparität: hört uns endlich zu!
Gleiche Mitbestimmung für alle, das muss auch an der Uni gelten. Wir wollen, dass uns Studis zugehört wird. Es ist unser Studium und auch unsere Universität. Schließlich sind wir mit über 17.000 Personen die größte Statusgruppe auf dem Campus. Viertelparität: das heißt, dass jede Statusgruppe gleich viele Sitze in den Uni-Gremien bekäme. Bisher haben die Professor*innen strukturell immer die Mehrheit (z.B. 11 von 21 Sitzen im Akademischen Senat): sind die Profs sich einig, ist eine Sache gegessen. Wir wollen das ändern!
Für eine solide Grundfinanzierung!
Bremische Hochschulen sind im neoliberalen Kapitalismus chronisch unterfinanziert und werden durch die Vergabe von Drittmitteln systematisch an der kurzen Leine gehalten (z.B. die sog. "Exzellenz-Strategie"). Gleichzeitig ziehen Kriterien der Verwertungslogik immer stärker in die Finanzierung von Hochschulen ein (z.B. Finanzierung nach reiner Absolvent*innenquote). Wir kämpfen gegen jegliche Form kapitalistischer Logik in unserer Gesellschaft. An der Uni Bremen heißt das, dass wir uns für eine solide Grundfinanzierung einsetzen! Uni und Politik dürfen Projekte wie den Master Studiengang Psychotherapie nicht gefährden, indem sie sie bloß mit dem absoluten Minimum ausstatten. Die Uni braucht sichere Mittel, um alle Projekte auch mit genug Ressourcen auszustatten. Nur so kann gute Bildung für alle gelingen!
Infos & Kontakt
Wir haben derzeit Coronabedingt keine regelmäßigen Gruppentreffen. Mehr Infos gibt es unter auf Facebook : http://www.facebook.com/pages/SDS-Uni-Bremen/119571461459273.
Mehr Infos für Leselustige: Das Selbstverständnis des Bundesverbands
Im Folgenden findet ihr das Selbstverständnis des SDS bundesweit! Wir haben als lokale Gruppe nicht die Gruppengröße, um all die Themen, die hier angesprochen werden, auch mit konkreter Praxis abzudecken, aber finden, dass sich sehr gute Analysen in dieser Perspektive wiederfinden!
Präambel
Wir leben in einer Welt der Widersprüche. Die stetige Steigerung Effektivierung der Produktionskapazitäten des Kapitalismus führt zu steigendem Wachstum des Reichtums und des Überflusses weniger Begünstigter. Gleichzeitig werden große Teile der Menschheit, sowohl in Entwicklungs-, als auch Industrieländern, immer mehr von Wohlstand und Lebenssicherheit abgekoppelt, in prekäre Lebensverhältnisse gezwungen und den Zwängen kapitalistischer Ausbeutung unterworfen. Gleichzeitig wächst weiterhin die Armut in den Ländern des Südens und hält zunehmend auch im Norden Einzug. Die Umweltzerstörung bedroht unsere Zukunft, Kriege und Aufrüstung nehmen zu, nicht ab. Die Profitmaximierung, das fundamentale Prinzip der kapitalistischen Konkurrenzgesellschaft steht einer gerechten Verteilung des Reichtums und einer friedlichen und lebenswerten Welt im Wege.
Als Hochschulverband streiten wir für Sozialismus, d.h.: soziale Gerechtigkeit, Demokratie, Frieden, ökologische Nachhaltigkeit, für Emanzipation und die Gleichstellung von Männern und Frauen sowie von Menschen mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen, unterschiedlicher Hautfarbe, Herkunft und Religion. Wir kämpfen gegen den marktradikalen und antidemokratischen Umbau der Gesellschaft, gegen Sozialabbau, gegen Ausgrenzung und Diskriminierung aller Art, gegen Krieg und Umweltzerstörung.
Diese Ziele sind nur durch eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft zu realisieren. Der Kapitalismus ist für uns nicht das Ende der Geschichte. Wir stehen ein für die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung und stellen ihr unsere handlungsbestimmende Perspektive einer sozialistischen Gesellschaft entgegen. Dazu gehört zunächst die Demokratisierung aller gesellschaftlichen Lebensbereiche. Wirtschaft und Verwaltung müssen demokratisch kontrolliert und ihre Ziele und Aufgaben demokratisch ausgehandelt werden, um den materiellen und emanzipatorischen Bedürfnissen der Menschen untergeordnet zu werden.
Wir als Studierende werden uns in gesellschaftliche Auseinandersetzungen einmischen. Wir verstehen den Kampf gegen die aktuelle marktradikale Umstrukturierung der Hochschule als eine Facette der Auseinandersetzung um den herrschenden Kapitalismus. Wir bleiben dabei: Hochschulen sind nicht losgelöst von der Gesellschaft zu betrachten. Deshalb muss die Forderung nach einer demokratischen Hochschule immer auch mit einer Forderung nach einer Änderung der Gesellschaft verbunden sein. Wir kämpfen dabei für die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung. Eine wesentliche Grundlage unserer Politik ist daher der Widerstand gegen den kapitalistischen Umbau des gesamten Bildungssektors- vom Kindergarten bis zur Weiterbildung. Denn Bildung dient auch dazu, gesellschaftlichen Konsens über die herrschenden Verhältnisse herzustellen. Als Hochschulverband führen wir diese Auseinandersetzung in unserem Lebensumfeld.
Hochschulen sind Orte der Ausbildung und der Wissenschafts- sowie der Ideologieproduktion, und damit ein Austragungsort sozialer und kultureller Auseinandersetzungen um Deutungshoheit und gesellschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten in die wir uns einmischen. Deshalb begreifen wir den Kampf gegen die an kapitalistischen Verwertungslogiken orientierende Umstrukturierung der Hochschulen Umbaus der Hochschulen nicht nur als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sondern führen sie auch als eine solche: an der Hochschule und darüber hinaus. Gemeinsam mit Anderen streiten wir für eine neue Linke, die sich der Herausforderung universeller Emanzipation stellt.
Hochschule im heutigen Kapitalismus
Im gegenwärtigen Kapitalismus bestehen spezifische Ansprüche an Hochschulen, mit denen wir uns im Hier und Jetzt auseinandersetzen müssen. Diese Ansprüche führen insgesamt dazu, dass die Errungenschaften der Bildungsreform der Nachkriegszeit in Ostdeutschland (u.a. bildungsherkunfts-unabhängiger Zugang zu den Hochschulen) und der 60er und 70er Jahre in Westdeutschland (u.a. Demokratisierung der Hochschule) rückgängig gemacht werden.
Wir befinden uns in einer Situation, in der der kapitalistische Umbau der Hochschulen vorangetrieben wird und es der hochschulpolitischen Linken nicht gelingt, die Errungenschaften der Bildungsreformen zu verteidigen und die ersten Ansätze der sozialen Öffnung und Demokratisierung der Hochschulen auszubauen. Vielerorts werden die demokratischen Rechte der Studierenden (in Bayern gibt es noch nicht einmal Verfasste Studierendenschaften) sowie die der wissenschaftlichen und technisch- administrativen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beschnitten. Die Interessen des Kapitals halten per Drittmittelforschung, Privat- bzw. Stiftungshochschulen und privaten Lehrstühlen zunehmend ungehinderten Einzug in Forschung und Lehre und richten sich hart gegen kritische Wissenschaft. Unter dem Gesichtspunkt der Investition in das eigene „Humankapital“ muss das Studium auf die auf dem Arbeitsmarkt zu erzielende Rendite ausgerichtet werden. Die Spezialisierung, die bloße Reproduktion von Wissen und der Zeitdruck in den neuen Bachelorstudiengängen orientieren sich ebenfalls an den Interessen der Wirtschaft, indem nicht nur die Kosten für die Ausbildung sondern auch die Personalkosten der künftigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesenkt werden.
Die Entwicklung an den Hochschulen ist aber nur eine Facette des marktradikalen Umbaus der gesamten Gesellschaft. »Hartz IV« und die Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge wird dazu genutzt, den Beschäftigten durch Angst vor Arbeitslosigkeit und sozialem Abstieg immer weitere Zugeständnisse abzuringen. Auch Studierende sind zunehmend von Unsicherheit betroffen. Die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse verändern sich, durch die Zersetzung der Flächentarifverträge, die schwindende Macht der Gewerkschaften und die Abkehr der Sozialdemokratie von sozialstaatlichen Prinzipien, elementar zu Ungunsten der Lohnabhängigen. Auch linke, kritische und in der Interessensvertretung engagierte Studierende erleben wie ihre linksakademische Gegenwelt – vom linken AStA über das autonome Café bis hin zum selbstorganisierten Seminar im Strudel aus Bachelorisierung, Studiendruck und Zwang zur Lohnarbeit – geschliffen wird. Studierenden werden ihre Entfaltungsmöglichkeiten durch Verengung und Verkürzung des Studiums genommen. Ihnen wird, ebenso wie beispielsweise den Erwerbslosen, die Verantwortung für ihren Status zugeschoben: über die Privatisierung der Hochschulbildung wird den Studierenden die Verantwortung ihrer eigenen zukünftigen Verwertung übertragen.
Gleichzeitig erleben sie – wenn auch in abgeschwächter Form – den Druck des Arbeitsmarktes mit unbezahlten Praktika, schlecht bezahlen Nebenjobs, Arbeitslosigkeit von Akademiker*innen zunächst einigen Jahren der prekären Beschäftigung beim Berufseinstieg. Diese Alltagserfahrung der Unsicherheit, des allgegenwärtigen Druck des Arbeitsmarktes und der Zerstörung bisheriger Gewissheiten teilen Studierende mit lohnabhängig Beschäftigten, die bisher allerdings noch keinen politischen Ausdruck gefunden hat.
Wir können dem aktuellen marktradikalen Umbauprozess nur wirksam entgegen treten, wenn wir die dahinter stehenden Strategien in all ihrer Widersprüchlichkeit analysieren und konkrete Forderungen und Strategien der Gegenwehr entwickeln.
Hochschule in der kapitalistischen Verwertungslogik
Der Kapitalismus hat in seiner kurzen Geschichte eine beispiellose Entwicklung der Wissenschaft ermöglicht: doch solange diese Mittel zur Kapitalverwertung ist, kann sie sich nicht frei entfalten und ihr dem Menschen dienendes Potential realisieren. Die Interessen des Kapitals – auch wenn sie nicht immer homogen sind – orientieren sich im Kern darauf, günstige Bedingungen für die Steigerung des Mehrwertes zu schaffen. Gesellschaftliche Ziele wie die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen, der Schutz der Umwelt, die humane und nutzenorientierte Gestaltung der Produktion, die humane Organisation der Gesellschaft etc. werden diesem Ziel unterworfen.
Hochschulen erfüllen im Kapitalismus aber nicht nur die Aufgabe, wirtschaftlich verwertbare Leistungen durch Forschung und Lehre zu produzieren. Sie wirken durch die Ausbildung und Forschungsaktivitäten ihrer Mitglieder auf die Gesellschaft zurück. Sie sind Institutionen, die gesellschaftliche Verhältnisse analysieren und erklären. Dieser Prozess hat eine politische Dimension und ist umkämpft. Hochschulen können Orte kritischer Reflexion und Infragestellung des Status quo sein. Unter den gegebenen Herrschaftsverhältnissen des Kapitalismus dominiert in den Hochschulen in ihrer Gesamtheit allerdings die Verteidigung der bestehenden Ordnung.
Dies funktioniert über vielfältige Mechanismen: Abhängigkeit von Drittmittelförderung durch das Kapital, offener Kampf gegen kritische Lehrinhalte und die Nichtberufung kritischer Dozentinnen und Dozenten sind die offensichtlichen Hebel dieser Politik.
Die Zurichtung der Lehre auf bloße Marktverwertung funktioniert dagegen weniger offensichtlich. Den Wünschen der späteren Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber wird vorauseilender Gehorsam geleistet. Dies bezieht sich nicht nur auf scheinbar neutrale Anforderungen an die Qualifikation, sondern auch auf unmittelbar politisch ausgerichtete Forschungsansätze und Ergebnisse. Enge fachlich eingegrenzte Bildung führt zu fachlicher Beschränktheit und zur Fragmentierung wissenschaftlicher Prozesse, die ganzheitliches, kritisches Denken erschweren und Selbstzensur von Lehrenden und Studierenden begünstigen.
Damit werden den Hochschulen ihre kritischen Potentiale genommen und sie werden zu einer bedeutenden Quelle ideologischer Rechtfertigungen des kapitalistischen Status quo. Dies betrifft nicht nur Gesellschaftswissenschaften sondern auch vermeintlich „objektive“ Naturwissenschaften. Gleichwohl beinhalten Bildung und Forschung immer auch Anknüpfungspunkte für die individuelle und kollektive Emanzipation.
Auch die Hochschule im Kapitalismus bietet Freiräume, in denen nicht nur wirtschaftlich verwertbare Innovationen gedeihen können. Sie können auch genutzt werden, um Kritik an herrschenden Ideen und gesellschaftlichen Zuständen zu entwickeln.
Sozialistische Hochschulpolitik
Bereits jetzt sind die Produktivkräfte so hoch entwickelt, dass der Mensch wesentlich planend, lenkend und organisierend neben den Produktionsprozess treten kann. Im Sozialismus sind Hochschulen eine zivilgesellschaftliche Institution, in der diese gesellschaftlicher Planung, Lenkung und Entwicklung realisiert wird und sich die Bildungssubjekte für diese Aufgabe qualifizieren. In dem Maße, in dem die Menschen als sozial gleiche assoziiert demokratisch über Ziel und Inhalt der Produktion verfügen und somit die gesellschaftliche Entwicklung bewusst gemeinsam kontrollieren, schaffen sie die Bedingungen für die freie Entfaltung eines jeden. Individuelle und kollektive Emanzipation bilden daher eine Einheit.
Deshalb hat individuelle Emanzipation wenig gemein mit dem traditionellen bürgerlichen Bildungsideal der umfassenden und autonom neben der Gesellschaft stattfindenden Bildung und Wissenschaft.
Dieses bürgerliche Bildungsideal ist zum einen durch die wissenschaftliche Arbeitsteilung nicht mehr realisierbar. Zum anderen verschleiert die proklamierte Autonomie der Hochschule, die euphemistisch als Freiheit der Wissenschaft missverstanden wird, die tatsächliche Abhängigkeit der Hochschule von der öffentlichen und zunehmend auch privaten Finanzierung und insbesondere den Ansprüchen an die bloße Marktverwertung ihrer Leistungen. Durch selbstbestimmte, kollektiv-demokratische Prozesse kann das bürgerliche Bildungsideal der Aufklärung radikalisiert und im positiven Sinne erneuert werden. Emanzipatorische Bildung und Wissenschaft sind nur im gesellschaftlichen Kontext denkbar. Sie müssen immer die Gesamtheit und ihre Wechselwirkungen mit einbeziehen, um den gesellschaftlichen Realitäten gerecht zu werden. Dies bedingt aber auch, dass Wissenschaft und Lehre nicht neutral sein können, sondern sich immer inmitten gesellschaftlicher Auseinandersetzungen befinden.
Freiheit der Wissenschaft kann also nicht darin liegen, ihre Zweckfreiheit zu betonen. Vielmehr ist kritische Wissenschaft nur möglich, indem ihre gesellschaftliche Dimension immer mit einbezogen wird. Die Ansprüche der Gesellschaft an Forschung und Lehre müssen von ihr selbst auf ihre Berechtigung überprüft und dürfen nicht zurück gewiesen werden. Ein Rückzug in den wissenschaftlichen Elfenbeinturm ist gesellschaftlich nicht sinnvoll und deshalb nicht zu akzeptieren. Stattdessen werden wir die gesellschaftliche Auseinandersetzung um den Zweck und Inhalt von Forschung und Lehre führen.
Weil wir diese Auseinandersetzung demokratisch gestalten werden ist ein zentrales Ziel die demokratische Organisation und Selbstverwaltung der Hochschule. Dazu gehört eine Demokratisierung der Hochschulverwaltung in Form der Viertelparität, die die Statusgruppen der Professor*innen, der Studierenden und der wissenschaftlichen sowie der technisch-administrativen Mitarbeiter*innen gleichberechtigt an der Meinungsbildung beteiligt. Damit ist gewährleistet, dass alle Mitglieder an der Hochschule über gleiche Mitbestimmungsmöglichkeiten verfügen. Somit können Studierende als größte Gruppe an der Hochschule realen Einfluss auf die Ausgestaltung der Hochschule nehmen. Damit steigen gleichzeitig die Notwendigkeit der Verfassten Studierendenschaft und die Bereitschaft, sich aktiv an den demokratischen Prozessen der Hochschule zu beteiligen. In Bezug auf den Einfluss von anderen gesellschaftlichen Gruppen außerhalb der Hochschule muss ein demokratisch gewähltes, paritätisch besetztes Gremium geschaffen werden, in dem Anforderungen an die Hochschule formuliert werden.
Die Ablehnung des wissenschaftlichen Elfenbeinturms beinhaltet auch einen stärkeren Bezug auf gesellschaftliche Realitäten in Forschung und Lehre. Im heutigen Kapitalismus verbirgt sich hinter dieser Forderung allerdings eine stärkere Marktorientierung, die bei vielen Studierenden unter dem Druck der mangelnden Studienfinanzierung, des Arbeitsmarktes und auf Grund der lebensfernen Konzeption vieler Studiengänge häufig positiv aufgenommen wird. Wir stellen uns eindeutig gegen eine unkritische Zurichtung von Forschung und Lehre auf die bloßen, kurzfristigen Anforderungen des Marktes. Stattdessen stehen wir für einen Realitätsbezug im Sinne einer Überprüfung von Forschungsergebnissen in der Praxis und einer Reflexion über die zukünftige Übersetzung des Erlernten und Erforschten in Beruf und Freizeit ein. Durch eine kritische Selbstreflexion über Forschung und Lehre müssen sich Lehrende, Lernende und Forschende immer wieder der Instrumentalisierung durch gesellschaftliche Einzelinteressen entziehen und dazu beitragen, Wissenschaft und Bildung als kritische Rationalität im Dienste des Menschen zu betreiben.
Die neue Linke an der Hochschule
Wir organisieren die Linke an den Hochschulen neu. Die Hochschule ist der Ort an dem wir einen Großteil unseres Studienlebens verbringen. Hier leisten wir einen Beitrag zum Aufbau einer neuen Linken. Es wird Zeit, dass sich die Kräfte zusammenschließen, die die Auseinandersetzung gegen Krieg und Sozialabbau, gegen Diskriminierung jeder Art, für den Erhalt der Umwelt und für eine offene demokratische und gesellschaftskritische Hochschule führen.
Wir organisieren uns bundesweit an den Hochschulen, bundesweit um eine andere Politik ringen und neue politische und kulturelle Entwicklungsräume erstreiten. Es ist an der Zeit die regionale Zersplitterung zu überwinden, die uns durch die föderalen Strukturen im Bereich der Hochschulpolitik nahe gelegt wird. Wir brauchen einen bundesweit organisierten, starken linken Studierendenverband. Wir sind hochschulpolitisch aktiv und entwickeln politische Forderungen, Strategien und Handlungsmöglichkeiten und Vorstellungen einer demokratischen Hochschule, die wir bundesweit artikulieren. Dazu arbeiten wir in der Verfassten Studierendenschaft, in den studentischen Interessenvertretungen im Süden der Republik und in der Akademischen Selbstverwaltung mit und kämpfen darum die dortige politische Hegemonie nach links zu bewegen. Dabei grenzen wir uns nicht reflexartig von anderen ab, sondern sehen andere linke Gruppen an der Hochschule ebenso wie Gewerkschaften als wichtige Akteure, mit denen wir zusammenarbeiten wollen.
Wir setzen an den Problemen und Interessen der Studierenden an und möchten gemeinsam mit ihnen, aber auch mit Dozent*innen und Hochschulangestellten, Veränderungen durchsetzen. Darüber hinaus kämpfen wir für den Erhalt bzw. die Einführung der Verfassten Studierendenschaften sowie für das allgemeinpolitische Mandat und werden dieses offensiv wahrnehmen. Dazu gehören auch die Verankerung kritischer Wissenschaft und Freiräume für Diskussionen über kritische, linke und marxistische Theorie an der Hochschule. Wir brauchen die intellektuelle Auseinandersetzung über gesellschaftliche Gegenentwürfe und Strategien ihrer Umsetzung für unsere politische Praxis und vereinen beides miteinander. Daneben ist die soziale Situation der Studierenden ein wichtiger Bezugspunkt unserer politischen Arbeit. Zentrales Element dieser Arbeit ist der Kampf gegen jedwede Form von Studien- und Verwaltungsgebühren und der Kampf für eine elternunabhängige und bedarfsdeckende finanzielle Grundsicherung, sowie eine Studienorganisation, die Menschen in allen Lebenslagen ihr Studium ermöglicht.
Die zunehmende Unsicherheit unter Studierenden nähert sich Erfahrungen lohnabhängig Beschäftigter an. In dieser gemeinsamen Erfahrung der Unsicherheit sehen wir eine neue Entwicklung, an die es anzuknüpfen und die es zu politisieren gilt. Unseres Erachtens kann sie Quelle neuer Bündniskonstellationen sein, in denen soziale Interessen zum Ausgangspunkt gemeinsamer Kämpfe werden könnten.
Gleichzeitig begreifen und nutzen wir die Besonderheiten der Hochschule als Austragungsort gesellschaftlicher Auseinandersetzungen. Immer noch sind die Entwicklungsmöglichkeiten von Studierenden wesentlich größer als diejenigen der Menschen, die sich unmittelbar in den Zwängen von Arbeitsverhältnissen befinden. Erstens haben wir an der Hochschule gerade wegen ihrer gesellschaftlichen Funktion der analytischen Auseinandersetzung mit der Welt leichter die Möglichkeit, Kritik in Abgrenzung zum Mainstream zu entwickeln und kritische Wissenschaft zu diskutieren und zu verankern. Zweitens konnten bis heute erhebliche von der 68er Bewegung errungene demokratische Selbstverwaltungs- und Teilhabemöglichkeiten verteidigt werden. Drittens können wir uns an den Hochschulen leichter zu politischen Bewegungen konstituieren. Wir sind in einem großen betriebsähnlichen Umfeld mit einer hohen Konzentration von Menschen die kollektiv arbeiten und lernen. Gleichzeitig sind wir aber anders als Beschäftigte in Betrieben weniger Repressionen ausgesetzt und nicht sofort darauf angewiesen Mehrheiten z.B. für einen Arbeitskampf zu gewinnen, um politisch handlungsfähig zu werden. Diese Vorteile loten wir aus, die Organisierung der Linken an der Hochschule treiben wir voran und binden sie in eine Perspektive gemeinsamer gesellschaftlicher Kämpfe ein. Wir sehen uns verbunden mit den Kämpfen sozialer Bewegungen wie der Gewerkschaften, der Erwerbslosen-, der Friedens- und der globalisierungskritischen und Klimagerechtigkeits Bewegung, antifaschistischen und emanzipatorischen Gruppen. Gesellschaftliche Kräfteverhältnisse werden sich nur gemeinsam mit diesen außerparlamentarischen Akteuren verschieben lassen. Als Studierendenverband sind wir Bestandteil der Linksjugend solid. Diese sowohl organisatorische als auch politische Verbundenheit drückt sich in einer engen Zusammenarbeit und gegenseitiger Unterstützung aus.
Wir beziehen uns positiv auf die Partei DIE LINKE., weil sie für einen linken gesellschaftlichen Aufbruch steht und eine zentrale Rolle in den kommenden gesellschaftlichen Auseinandersetzungen einnimmt.
Dessen ungeachtet beharren wir auf unserer politischen und organisatorischen Autonomie und vertreten unsere politischen Positionen gegenüber der Partei DIE LINKE. offensiv. Auch im Verhältnis zur Partei DIE LINKE. wollen wir unserem politischen Anspruch gerecht werden. Wir bringen unsere bildungspolitischen Forderungen und Stellungnahmen in die Partei ein, sind ein qualifizierter Ansprechpartner für hochschulpolitische Fragen und beschränken uns dabei dennoch nicht auf die Formulierung hochschulpolitischer Forderungen.