KRALLE

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Kritisch. Radikal. Antirassistisch. Links. Lästig. Emanzipatorisch

KRALLE (Kritisch. Radikal. Antirassistisch. Links. Lästig. Emanzipatorisch) ist eine Gruppe Sudierender, die sich Anfang 2017 zusammengeschlossen hat, um linke Unipolitik zu machen. Aktuelles findet ihr auf unserer Website unter www.kralle-bremen.de

Wir sind KRALLE

KRALLE - die Liste für linke Kritik an der Uni stellt sich vor Warum bist du hier an der Uni? Nein, nicht speziell an der Bremer Uni - warum bist du überhaupt an einer Uni? Vielleicht hattest du in der Schule besonders gute Noten und deine Lehrkräfte haben dir erzählt, dass aus dir mal jemand ganz wichtiges werden kann? Vielleicht war das Fach, das du jetzt studierst, schon immer deine große Leidenschaft? Vielleicht war das für dich gar keine Frage, weil es in deiner Familie sowieso üblich ist, dass nach der Schule erst mal studiert wird. Aber vielleicht ist es bei dir auch ganz umgekehrt, du willst es endlich einmal besser haben als deine Eltern, die nicht studiert haben. In jedem Fall ist klar: Um in deinem weiteren Leben einmal überhaupt die Chance zu haben auf einen der besseren Jobs, die etwas mehr Geld für etwas weniger Aufwand einbringen und bei denen der Aufwand vielleicht sogar inhaltlich interessant ist, musst du studiert haben. Und hast du dein Studium einmal abgeschlossen, geht die Konkurrenz darum, wer dann tatsächlich einen dieser besseren Jobs bekommt und bei wem der Soziologie-Doktor allenfalls zum Taxifahren reicht, erst richtig los. Dass du in der Uni versuchst, deine Chancen in dieser Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt aufzubessern, heißt aber auch noch nicht, dass dir die Uni deswegen dabei hilft. Um überhaupt zugelassen zu werden, musst du in einigen Fächern einen Numerus Clausus erfüllt haben; in anderen Studiengängen gibt es dafür die berühmt-berüchtigten Module zum Aussieben der Studis, in denen zum Teil Durchfallquoten von an die 80% gelten. Und das sind nur die großen Klausuren. So wird auch hier das im staatlichen Bildungssystem so beliebte System praktiziert: Wer zu bestimmten Stichtagen, an denen die Prüfungsleistungen erbracht werden müssen, häufiger nicht in der Lage war, das nötige Wissen zu Papier zu bringen oder die nötige Arbeit fertigzustellen, der wird vom weiteren Lernen (jedenfalls in diesem Studiengang) ausgeschlossen. Es gilt die Paradoxie, dass ausgerechnet bei Unwissen der Zugang zu Wissen versperrt wird. Wir als KRALLE setzen uns einerseits dafür an, an der Uni bessere Bedingungen für Studis zu schaffen, weshalb wir in der Vergangenheit an der Durchsetzung des vierten Wiederholungssemesters wesentlich miterstritten haben. Zugleich wollen wir aber auch den Blick über den Tellerrand wagen und in der Uni verbreiten. Hochschulpolitik ist für uns auch die Auseinandersetzung mit dem staatlich eingerichteten Bildungssystem und mit der Gesellschaft, für die es eingerichtet wurde.

Gegen die Heimat im Herzen und die Scheiße im Kopf

Sticker: Gegen die Heimat im Herzen und die Scheiße im Kopf

Antifaschismus und Antinationalismus müssen gemeinsam gedacht und betrieben werden. Den Unterschied zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen haben sich nicht erst die Rechtsradikalen ausgedacht – der bürgerliche Nationalstaat schafft und institutionalisiert ihn. Staatsbürger*innen sind die einen und die anderen sind es eben nicht, je nach Status kommen den Menschen unterschiedliche Rechte und Pflichten zu. Indes ist die Gesamtheit aller Staatsbürger*innen weder für Bürgerliche noch für Rechtsradikale einfach eine Menge von Individuen, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass ihr Lichtbildausweis vom selben Staat ausgestellt wurde. Beide konstruieren stattdessen ein “Volk” als Kollektiv von Menschen mit ähnlichen Eigenschaften und gemeinsamen Interessen. Rechtsradikalen liegt die Vorstellung eines vorstaatlichen “Volkskörpers” zugrunde, bei dem sich die Zugehörigkeit durch Blut und Boden bestimmt. Das als natürlich phantasierte Kollektiv ist für Nicht-Zugehörige nicht nur unzugänglich, sondern muss vor äußeren Einflüssen geschützt werden, um seine “ursprüngliche Reinheit” beizubehalten. Ein Staat ist dazu da, die naturwüchsigen gemeinsamen Interessen des “Volkes” zu befördern und zu verteidigen. Diesen Grundsatz teilen alle Rechtsradikalen; Detailfragen darüber, ob ein*e Migrant*in, die*der sich hundertprozentig assimiliert und “die deutsche Kultur” ausnahms- und kritiklos als ihre*seine annimmt, Mitglied der “Volksgemeinschaft” werden kann oder nicht, variieren je nach Strömung. Das “Volk” des bürgerlichen Staates ist weniger exklusiv – insoweit als dass es nach Maßstäben der Nützlichkeit für den Nationalstaat Zuwanderung und Aufenthalt von Migrant*innen zu tolerieren hat und Migrant*innen nach staatlich festgelegten Aufnahmekriterien durch die Einbürgerung Teil dessen werden können. Das Gerede von “Leitkultur” und Integration “Fremder” in diese, wobei letztgenannte die Bedingung für deren Berechtigung zum Aufenthalt innerhalb der deutschen Verwaltungsgebiete ist, zeigt sehr deutlich, dass gemeinsame Eigenschaften der “Volkszugehörigen” jenseits der staatlichen Kategorie Staatsbürgerschaft behauptet werden. Dass gar nicht klar ist, worin die “Leitkultur” überhaupt bestehen soll, zeigt sich schon darin, dass die Antwort je nach Partei variiert (“Gehört der Islam zu Deutschland?”). Hier wie da gilt: es wird ein “Kollektiv” mit gemeinsamen Interessen deklariert, wo keines ist. Während die Rechtsradikalen die Grenzen ihres Kollektivs nach ihren Maßstäben ziehen, zieht der Staat sie nach den seinen und verschafft ihnen durch seine Gesetzgebung tatsächliche Geltung. Darin, dass die einzelnen Individuen eine Gemeinsamkeit miteinander verbindet, die über ihre einander entgegengesetzten Interessen hinausgeht, und diese Gegensätze dem nationalen Kollektiv gegenüber von untergeordneter Bedeutung sind, sind die bürgerliche Mitte und die Rechten grundsätzlich einig; auch darüber, dass der Staat für die Sicherung des nationalen Interesses zu sorgen und es ggf. zu verteidigen hat. Das soll keineswegs (neo-)nazistische Positionen verharmlosen oder verniedlichen, sondern umgekehrt den bürgerlichen Nationalismus aus seiner Vernachlässigung entlassen. Ohne eine Kritik am bürgerlichen Nationalismus ist ein antifaschistisches Verständnis davon, was rechtsradikale Positionen in der Gesellschaft zunehmend populär macht, nicht möglich. Daher meint KRALLE: Für einen konsequenten Antifaschismus – an der Uni und überall – und einen ebenso konsequenten Antinationalismus.

Inkludieren statt integrieren - und schon gar nicht inszenieren!

Ein selbstbestimmtes Studium muss jedem Menschen ermöglicht werden, egal welche Einschränkungen dieser mitbringt. Umsetzen lässt sich das, wenn auf Einschränkungen geachtet und gezielt darauf hingearbeitet wird, Betroffene nicht zu Behinderten zu machen. Barrieren können schwere Türen ohne Türöffner oder Treppen ohne Fahrstuhl sein. Auch die Anwesenheitspflicht oder die Wiederholungsfrist sind Barrieren. Sie alle verhindern, das eigene Leben frei und auch durch Unvorhersehbarkeiten hindurch selbst zu gestalten. Inklusion heißt, alle zu berücksichtigen. Sie kann aber nur funktionieren, wenn mit den Betroffenen statt über sie geredet wird. Nur so kann der Aufbau neuer Hürden von vornherein verhindert werden. Die Betroffenen wissen selbst am besten, wo die Gesellschaft sie behindert. Es ist deshalb unerlässlich, ihre Anliegen ernst zu nehmen: Nur so kann Inklusion gelingen. Dieser Anspruch muss über die Grenzen der Uni hinaus gehen. Nur wenn die Gesellschaft inklusiv wird, kann die Uni inklusiv werden. Aber Inklusion ist nicht Integration: Integriert wird immer nur das „Andere“ und „Fremde“. Wenn wir inkludieren, lösen wir uns von unserem eigenen Schubladendenken. KRALLE fordert daher: Gegen Integration und Ausgrenzung: Inkludieren statt integrieren! Wir kämpfen für ein selbstbestimmtes und barrierfreies Studium.

Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde

Immer wieder wurde in den letzten Jahren die Frage aufgeworfen, ob der Islam zu Deutschland gehört - oder ob Deutschland nicht eher das “christlich geprägte“ Abendland ist, das vielleicht sogar vom Islam bedroht wird. Dass das Christentum wesentlich zu Deutschland dazu gehört, ist umgekehrt keine Sekunde bestritten - schlimm genug! Die Religion ist ein Titel dafür, gesellschaftlichen Verhältnisse als (gott)gegebene zu akzeptieren und sich in ihnen einzurichten, anstatt sich gegen sie aufzulehnen. Der Glaube an eine ausgedachte Instanz im Jenseits, gegenüber der Demut angebracht ist, die im Gegenzug alle irdischen Leiden – natürlich erst nach dem Tod – ausgleicht und damit erst richtig lohnend macht und die selbst nichts anderes als ein Idealbild von Herrschaft ist, hat nirgendwo und erst recht an keiner Universität etwas verloren. Auch an dieser Uni gibt es mehrere starke religiöse Hochschulgruppen, während eine kritische Befassung mit dem Konzept von Religion kaum vertreten ist. KRALLE fordert: Der Glaube, der sich schon im Namen dazu bekennt, das Gegenteil von Wissen zu sein, hat in einer Uni, in der es um Wissenschaft geht, nichts zu suchen!

Extrem scheiße: Der Extremismusquatsch

Sticker: Fachbereich für Antifaschismus

Bei der Distanzierung von ultrarechten Positionen werden Bürgerliche nicht müde, sich auch von links”extremem” Standpunkten abzugrenzen. Rechts- wie Linksextremismus würden “unsere demokratischen Werte” bedrohen, seien im Grunde ohnehin das gleiche und als politische Abnormität abzulehnen und zu bekämpfen – links i.d.R. wesentlich vehementer als rechts. Die Extremismustheorie ist geprägt von inhaltsleeren Bestimmungen, Widersprüchen und Tautologien. “Unsere Demokratie” ist das, was der Extremismus nicht ist, und umgekehrt. Wissenschaftlich ist die Theorie längst falsifiziert, dennoch liegt sie nicht nur dem bürgerlichen Verständnis des Politischen zugrunde, sondern ist als Kampfbegriff ideologische Aktionsbasis des Verfassungsschutzes und seiner Angriffe auf politische Akteur*innen. KRALLE fordert: Weg mit dem Extremismusquatsch an der Uni und überall.

Über die Freiheit, arm zu sein

Wir leben in einer Gesellschaft, in der einerseits alle Schaufenster und Supermärkte so prall gefüllt sind, dass sogar zum Containern noch einiges übrig bleibt. An Lebensmitteln, Autos, Smartphones, Kino-Sitzplätzen usw. fehlt es nicht. Und um all das herzustellen und je nach bedarf immer neuen Nachschub zu produzieren ist es noch nicht einmal nötig, dass alle Menschen dafür arbeiten: Arbeitslosigkeit bedeutet keinen Mangel an nützlichen Dingen an irgendeiner Stelle. Wenn es in dieser Gesellschaft einfach nicht mehr so viel zutun gibt - warum muss dann gleichzeitig jede*r arbeiten? Warum bedeutet weniger Arbeit nicht gleich weniger Mühen und ist ein Grund zur Freude? Und: Wieso gibt es so viel gesellschaftlichen Reichtum, dass die Läden vor Zeug überquellen, und gleichzeitig so viel Armut unter den Menschen, die das Zeug eigentlich bräuchten?

Diese Widersprüche sind nicht nur bekannt, sondern sind der real existierende Inhalt der Freiheit, die dieser Staat einem gewährt.

Die Freiheit ist einerseits die Verpflichtung jedes*jeder Einzelnen darauf, im Rahmen der geltenden Gesetze selbst zuzusehen, wo sie*er bleibt - die Freiheit von gesellschaftlicher Organisation einer Ökonomie. Andererseits ist sie die garantierte freie Verfügungsgewalt über die dafür nutzbaren Mittel - die Freiheit zu Eigentum.

Das Brötchen bei REWE bleibt staatlich garantiert auf der anderen Seite des Verkaufstresens liegen, solange das dafür geforderte Geld nicht die Hände gewechselt hat - egal, wie großen Hunger du hast: es ist schließlich dazu da, dass REWE seinen Gewinn macht, und nicht, um Menschen mit Brötchen zu versorgen. Ohne das nötige Geld ist es nicht möglich, auf legalem Wege an das zu kommen, was man zum Leben braucht. Wer wie die allermeisten über kein nennenswertes Eigentum verfügt, das sich als Einkommensquelle nutzen lässt, ist darauf verwiesen, sich, konkurrierend mit allen anderen Mittellosen, eine Lohnarbeit zu suchen und auf eine möglichst gute Platzierung in der nationalen Berufshierarchie zu hoffen. Wer das nicht einsieht, sondern sich lieber mit dem kaum nennenswerten Einkommen als Sozialhilfeempfänger*in zufrieden geben will, kann sich alternativ auch dazu entscheiden, sich vom Jobcenter in eine der beschissenen Lohnarbeiten zwingen zu lassen, die sie*er ursprünglich zurecht nicht machen wollte. So oder so: Die Freiheit des bürgerlichen Staates bedeutet für die allermeisten die Verpflichtung auf Ausbeutung und Armut.

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